Eben in meinen vielen Tabs wieder entdeckt: die Grünen fordern ein Mindesthonorar für Selbständige. Klingt ja erst mal superklassetoll. Aber mir stellt sich schon die Frage, was die Grünen sich dabei gedacht haben. Wie soll das funktionieren? Wenn der Mindestlohn bei 8,50 EUR liegt, muss das Mindesthonorar dann 17 EUR betragen? Oder doch 25 EUR?
Und was ist, wenn ich (wie es häufiger vorkommt) mit einem Kunden keine Abrechnung nach Stundensatz vereinbare, sondern einen pauschalen Paketpreis anbiete? Immerhin habe ich genug Routine und Erfahrung, um zu wissen, wie lange ich üblicherweise brauche. Es kann mir zwar passieren, dass ich mal einen schlechten Tag habe oder an einer Erkältung laboriere und dann nicht in der geplanten Zeit fertig werde. Das muss ich dann eben auf meine Kappe nehmen.
Es wäre ja schön, wenn es für Selbständige mehr Schutz geben könnte. Aber das muss eher von jedem Selbständigen selbst ausgehen, die finanzielle Schmerzgrenze für sich festzulegen.
Am besten wäre so eine Art Selbständigen-Gewerkschaft, in der die Mitglieder sich verpflichten, nicht unter Stundensatz X tätig zu werden. So ähnlich ist es bei den Drehbuchschreibern von Hollywood und vor ein paar Jahren haben sie es geschafft, mit einem Streik die großen Filmstudios in die Knie zu zwingen. Da schlägt das Herz natürlich höher.
Aber hier sind die Bedingungen ganz anders. Es gibt Tausende von Grafikern, Tausende von Webprogrammierern, Tausende von Textern, Tausende von Journalisten – die alle an einen Tisch zu bekommen und sich zu einem Mindeststundensatz zu verpflichten, ist nahezu unmöglich. Und selbst wenn das gelänge, würden im Falle eines Streiks ein paar Neueinsteiger ihre Chance sehen, genau zur richtigen Zeit ins Geschäft zu kommen. Wir sitzen zwar alle im gleichen oder in einem ähnlichen Boot, aber es gibt genug, die sich kurz vorm Kentern ganz unsolidarisch und eigennützig die Rettungsweste schnappen.
Bei einem Mindesthonorarvertrag mit einem Auftraggeber wird es so ähnlich sein: auf dem Papier wird zwar vereinbart, dass der Dienstleister die Anzahl von X bis max. Y Stunden zu einem Stundensatz von Z abrechnet – aber der Auftraggeber wird schon mehr oder weniger subtil signalisieren, dass es für weitere Aufträge günstig wäre, wenn nur die Hälfte der Stunden zu zahlen wäre. Oder so ähnlich. Irgendwelche Tricks wird es schon geben, um ein Mindesthonorargesetz zu unterlaufen.